Wer groß sein will(Mk 10,35-45)

Nachricht Bevern - Elm - Hesedorf, 27. März 2020

Wer groß sein will
(Mk 10,35-45)

Als ich ein kleiner Junge war, bin ich beim Toben mit meinen Freunden hingefallen – und bestimmt nicht nur einmal! Jedenfalls kann ich mich an meine aufgeschlagenen und dann verschorften Knie noch ganz gut erinnern. Was sagt eine Mutter ihrem Jungen, wenn er hinfällt, wenn es so richtig wehtut und er vor Schmerz und vor Wut losbrüllt? – „Na, nun steh mal wieder auf! Du bist doch schon groß!“

Was sagt eine Mutter zu ihrem Jungen, wenn er mittags aus der Schule kommt und dann im Essen herumstochert, weil ihm der Spinat nicht so besonders schmeckt? „Nun iss mal weiter. Das bisschen Spinat schaffst Du schon. Du willst ja mal groß und stark werden!“

Groß und stark zu sein, das kann geradezu ein Leitbild für´s ganze Leben werden, wenn man´s nur oft genug zu hören bekommt. Groß und stark zu sein, das ist so ein Anspruch besonders an uns Männer, der uns schon als Kindern nahegebracht wird. – Und Mütter und Frauen sind nicht ganz unschuldig daran.

„Ich muss groß, stark und wichtig sein!“, für wen das als Kind das alles überragende Leitbild fürs Leben wird, wer nichts Anderes kennt, dem wird es auch später vor allem um Geltung und Anerkennung gehen, wie er möglichst groß rauskommt.

Neu ist das nicht. Das kennt schon die Bibel. Jesus sagt seinen Jüngern: „Wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein. Und wer unter euch der Erste sein will, der soll aller Knecht sein." (Mk 10,43-44)

Das klingt anders. Gegen die Erfahrung von Rücksichtslosigkeit unter uns Menschen setzt Jesus ein anderes Bild davon, wie wir miteinander umgehen sollen. „Groß sein“ heißt: „Dienen“ und „Rücksicht nehmen“. Davon erlebe ich in diesen Corona-Zeiten erfreulich viel. Bei Menschen, die freundlich Abstand halten, um mich nicht anzustecken. Bei Menschen, die sich bei der Kassiererin bedanken, bei der Apothekenhelferin, bei der Verkäuferin, dass sie trotz der Gefährdung ihre Arbeit tun. Und natürlich bei all denen, die als Pflegekräfte und Ärzte trotz der augenblicklichen Gefahrenlage mit viel Geduld im Dienst am Menschen stehen – alle Achtung! Die Corona-Pandemie fordert uns heraus wie seit Jahrzehnten nichts anderes. Aber mit „Dienen“ und „Rücksichtnehmen“ hat uns Jesus ein wirksames Mittel an die Hand gegeben, wie wir diese Zeiten am besten bestehen.

Pastor Volker Rosenfeld